Mit dieser Frage betitelt Oliver Rathkolb seinen Artikel im Katalog zur Ausstellung „Die Ephrussis. Eine Zeitreise“. Am Ende seines Textes gibt er zu bedenken, dass man über Anna, die die berühmten Netsuke gerettet haben soll, nichts oder nichts Genaueres weiß und dass womöglich nur Edmund de Waal in einem nächsten Roman über sie Auskunft geben kann. Wenn wir etwas nicht oder nicht genau wissen, hilft auch die Phantasie, die so gut immer im Spiel ist, wenn im Jüdischen Museum Wien Vermittlung stattfindet – Interaktion mit und für Besucherinnen und Besucher. Im Februar 2020 haben Studierende der Uni Würzburg so getan, als hätten Mitglieder der Familie Ephrussi Anna einen Brief geschrieben
Ignaz Ephrussi, Japan
Liebe Anna,
es freut mich in einer unbeschreiblichen Weise, dass du es schaffen konntest, die Netsuke Sammlung trotz Anwesenheit der Nazis zu verstecken. Du warst uns schon früher und vor dem Krieg jederzeit eine vertraute und treue Seele in unserem Haus und umso mehr freut es mich, dass du auch heute noch zu uns stehst und uns diese tief verbundene Sammlung zurückgibst. Sie stellen ein wichtiges Stück meiner Kindheit dar. Vielen Dank, dein dir sehr verbundener Iggie
Ignaz Ephrussi © Jüdisches Museum Wien
Charles Ephrussi, Paris
Anna,
Sie werden meiner Familie den Glanz zurückgeben, den sie über die Jahre verloren haben. Die Netsuke, ein unwesentlicher Teil meiner Sammlung, wird in Zukunft das Schicksal meiner Familie begleiten. Ihre Tat wird die Familie Ephrussi erneut in die Erinnerung der Wiener Gesellschaft bringen und Macht, Verlust und Neubeginn über diese Objekte symbolisieren. Ich danke Ihnen im Namen der vergangenen und zukünftigen Generationen der Ephrussi. Charles Ephrussi
Viktor Ephrussi, England
Liebste Anna,
wir sind dir sehr dankbar, dass du unseren „Familienschatz“ gerettet hast – dabei geht es uns gar nicht so sehr um die Figuren an sich, sondern die Tatsache, dass dank ihnen und natürlich dank dir, unsere Geschichte erzählt wird. Dein Viktor
Gisela Bauer, Mexiko
Liebe Anna,
ich bin Gisela – vielleicht kennst du mich noch? Du hast Mutter früher beim Anziehen geholfen und wir Kinder haben währenddessen mit den Schnitzereien gespielt. Was würde ich dafür geben, sie noch einmal zu sehen! Sie haben meine Fantasie beflügelt und mein Verständnis für Kunst geschärft. (
) Bitte melde dich bei mir!
Gisela Bauer © Jüdisches Museum Wien
Elisabeth Ephrussi, Wien
Liebe Anna,
ich bin sehr erfreut dir mitteilen zu dürfen, dass ich heute den Stipendiumsplatz in Amerika erhalten habe. In ein paar Wochen geht es schon los. Ich hoffe, du bist wohlauf und dass dir dein kleiner Schatz jeden Tag große Freude bereitet. Ich werde dir wieder schreiben – auf einer schönen Postkarte aus Amerika. Pass auf dich auf und grüß deinen Isaac ganz lieb von mir, in langjähriger Freundschaft deine Elisabeth Ephrussi