30. Oktober 2025
Kolumne aus der Direktion
Über (jüdische) Hautfarben und Vorurteile
von Barbara Staudinger
„Are Jews White?“ war der Titel einer kleinen Ausstellung des Jüdischen Museums Amsterdam vor ein paar Jahren. Damit schloss das Museum an die Diskussion um die Außenwahrnehmung von Jüdinnen und Juden an – und die Antwort war in der Frage schon fast impliziert: Jüdinnen und Juden werden von der Mehrheitsgesellschaft als „Weiß“ wahrgenommen („Aschkenormativität“ ist der dafür verwendete Begriff). De facto gibt es allerdings viele, die aufgrund unterschiedlicher Herkünfte als People of Color bezeichnet werden und sich selbst auch so definieren, was im allgemein wahrgenommenen Bild jedoch untergeht.
Man könnte natürlich jetzt die Frage stellen, warum dies überhaupt eine Frage ist, mit der sich Jüdische Museen auseinandersetzen, denn Hautfarbe habe doch nichts mit Jüdischkeit zu tun. Das stimmt, und würde Hautfarbe nicht historisch und gegenwärtig als Argument für eine angebliche Überlegenheit („White Power“) einerseits oder auch eine Unterdrückerposition („White Colonizers“) andererseits herangezogen werden, würden Menschen also nur eine Hautfarbe „haben“, müsste ein Jüdisches Museum auch keine Ausstellung zu dieser Thematik machen. Die Diskussion um Hautfarbe ist aber politisch – und so ist sie es auch, wenn es um die Hautfarbe von Jüdinnen und Juden geht.
Genau dieses Thema sowie viele damit verbundenen Fragen behandelt die Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden? Über Hautfarben und Vorurteile“, in der es um Außenwahrnehmungen und Selbstdefinitionen von Jüdinnen und Juden geht, in Wien und auf der ganzen Welt. Sie erzählt also nicht davon, welche Hautfarbe eine Person oder eine Gruppe hat (oder nicht hat), sondern welche Hautfarbe ihr (historisch oder gegenwärtig) zugeschrieben wird und beantwortet die Frage, warum das so ist. Es ist ein politisches Thema, wie auch Museen politische Orte sind, an denen solche Themen verhandelt werden müssen. Denn mittlerweile steht viel auf dem Spiel: Durch die zunehmende Polariserung der Gesellschaft, die Verknappung fast aller politischen Diskurse in Schwarz-Weiß-Denken und anscheinende Gegensätze hat dazu geführt, dass kaum mehr differenziert diskutiert wird. „Politisch“ wird demnach auch oft mit „parteiisch“ verwechselt, da von politischen Funktionär:innen und von politisch sich äußernden Personen nicht mehr eine Einordnung in politische, historische und kulturelle Kontexte, sondern ein Parteiergreifen und damit eine gefährliche Vereinfachung erwartet wird.
Als Kulturinstitution müssen wir dem entgegenstehen. Nicht, um die Welt künstlich komplizierter zu machen, sondern um Geschichten, Tatsachen und Zusammenhänge in ihrer Komplexität darzustellen und ihnen damit gerecht zu werden. Komplex bedeutet dabei nicht kompliziert – auch das wird oft verwechselt, und es ist die Aufgabe von Kulturinstitutionen, diese Komplexität verständlich zu erzählen. Manchmal ist das keine leichte Aufgabe, aber bei der Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden?“, deren Titel genau mit dieser Verknappung der Wahrnehmung und des Diskurses spielt, ist es gelungen. Es ist eine Ausstellung, die sich in den aktuellen Diskurs einmischt, die differenziert und überrascht und die Besucher:innen intellektuell, emotional und ästhetisch mitnimmt.
Ein Ausstellungsplakat von „Are Jews White?“ wurde übrigens mit dem Slogan „Free Gaza“ besprayt. Der/die Sprayer:in hat die Frage also mit „ja“ beantwortet und die Brücke zwischen Juden/Jüdinnen und Israel sowie der Darstellung von der israelischen Bevölkerung als „weiße Kolonisatoren“ geschlagen. Es ist aber nicht so einfach und alleine die Tatsache, dass die Mehrheit der israelischen Bevölkerung „of Color“ ist, verweist bereits darauf, die politische Vielfalt im Land und die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich für Frieden und für die Gleichberechtigung der palästinensischen Bevölkerung einsetzen, noch mehr. Allein dies zeigt, wie wichtig es ist, den polarisierenden Parolen einen differenzierten Diskurs entgegenzustellen.
Man könnte natürlich jetzt die Frage stellen, warum dies überhaupt eine Frage ist, mit der sich Jüdische Museen auseinandersetzen, denn Hautfarbe habe doch nichts mit Jüdischkeit zu tun. Das stimmt, und würde Hautfarbe nicht historisch und gegenwärtig als Argument für eine angebliche Überlegenheit („White Power“) einerseits oder auch eine Unterdrückerposition („White Colonizers“) andererseits herangezogen werden, würden Menschen also nur eine Hautfarbe „haben“, müsste ein Jüdisches Museum auch keine Ausstellung zu dieser Thematik machen. Die Diskussion um Hautfarbe ist aber politisch – und so ist sie es auch, wenn es um die Hautfarbe von Jüdinnen und Juden geht.
Genau dieses Thema sowie viele damit verbundenen Fragen behandelt die Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden? Über Hautfarben und Vorurteile“, in der es um Außenwahrnehmungen und Selbstdefinitionen von Jüdinnen und Juden geht, in Wien und auf der ganzen Welt. Sie erzählt also nicht davon, welche Hautfarbe eine Person oder eine Gruppe hat (oder nicht hat), sondern welche Hautfarbe ihr (historisch oder gegenwärtig) zugeschrieben wird und beantwortet die Frage, warum das so ist. Es ist ein politisches Thema, wie auch Museen politische Orte sind, an denen solche Themen verhandelt werden müssen. Denn mittlerweile steht viel auf dem Spiel: Durch die zunehmende Polariserung der Gesellschaft, die Verknappung fast aller politischen Diskurse in Schwarz-Weiß-Denken und anscheinende Gegensätze hat dazu geführt, dass kaum mehr differenziert diskutiert wird. „Politisch“ wird demnach auch oft mit „parteiisch“ verwechselt, da von politischen Funktionär:innen und von politisch sich äußernden Personen nicht mehr eine Einordnung in politische, historische und kulturelle Kontexte, sondern ein Parteiergreifen und damit eine gefährliche Vereinfachung erwartet wird.
Als Kulturinstitution müssen wir dem entgegenstehen. Nicht, um die Welt künstlich komplizierter zu machen, sondern um Geschichten, Tatsachen und Zusammenhänge in ihrer Komplexität darzustellen und ihnen damit gerecht zu werden. Komplex bedeutet dabei nicht kompliziert – auch das wird oft verwechselt, und es ist die Aufgabe von Kulturinstitutionen, diese Komplexität verständlich zu erzählen. Manchmal ist das keine leichte Aufgabe, aber bei der Ausstellung „Schwarze Juden, Weiße Juden?“, deren Titel genau mit dieser Verknappung der Wahrnehmung und des Diskurses spielt, ist es gelungen. Es ist eine Ausstellung, die sich in den aktuellen Diskurs einmischt, die differenziert und überrascht und die Besucher:innen intellektuell, emotional und ästhetisch mitnimmt.
Ein Ausstellungsplakat von „Are Jews White?“ wurde übrigens mit dem Slogan „Free Gaza“ besprayt. Der/die Sprayer:in hat die Frage also mit „ja“ beantwortet und die Brücke zwischen Juden/Jüdinnen und Israel sowie der Darstellung von der israelischen Bevölkerung als „weiße Kolonisatoren“ geschlagen. Es ist aber nicht so einfach und alleine die Tatsache, dass die Mehrheit der israelischen Bevölkerung „of Color“ ist, verweist bereits darauf, die politische Vielfalt im Land und die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich für Frieden und für die Gleichberechtigung der palästinensischen Bevölkerung einsetzen, noch mehr. Allein dies zeigt, wie wichtig es ist, den polarisierenden Parolen einen differenzierten Diskurs entgegenzustellen.