Vortrag

Marlene Gallner "Jean Améry über Antisemitismus, Antizionismus und die Linke"

Museum Dorotheergasse
© privat
Der Antisemitismus ist im Antizionismus enthalten wie das Gewitter in der Wolke, schrieb Jean Améry Ende der 60er Jahre als Reaktion auf den immer offener zu Tage tretenden Israelhass in der bundesdeutschen Linken. Améry verstand sich selbst als politisch links. Die Tatsache, dass es seine vermeintlichen Verbündeten waren, die ihn als Juden verrieten, indem sie zu den entschiedensten Verfechtern des neuen Antisemitismus wurden, machte seine Kritik umso scharfsichtiger. Amérys zahlreiche Essays und andere öffentlichen Äußerungen über den Antisemitismus, den Antizionismus und die Linke lesen sich, als hätte er die heutige Situation vorhergesehen und bereits vor fünfzig Jahren eindringlich vor ihr gewarnt. Lange sind seine Texte in Vergessenheit geraten. 2022 sind sie in englischer Übersetzung erstmals gesammelt in einem Band erschienen. Eine Auswahl der Essays wurde Anfang 2024 nun auch auf Deutsch in dem Buch „Der neue Antisemitismus“ veröffentlicht.
 
Marlene Gallner wird in ihrem Vortrag Amérys Kritik des Antisemitismus, des Antizionismus und der Linken vorstellen und zeigen, warum sie gerade heute, angesichts zunehmender Angriffe auf Jüdinnen und Juden unter dem Deckmantel einer vermeintlich progressiven Palästinasolidarität, nichts von ihrer Aktualität verloren hat.

Marlene Gallner ist die Herausgeberin von "Jean Améry. Essays on Antisemitism, Anti-Zionism, and the Left", Bloomington: Indiana University Press (2022). Sie arbeitet und schreibt vor allem zur Kritik des Antisemitismus und postnazistischer Erinnerungskultur.