15. Februar 2022
Hinter den Kulissen

Die Wiener Rothschilds – Zur Gestaltung der Ausstellung

von Schuberth und Schuberth
© Christoph Panzer
Wir wollten keine historische Ausstellung machen. Der cremefarbene Teppich und die Wandfarben lösen die Räume auf zugunsten einer fließenden Raumfolge – der unbestimmte Hintergrund aus Geschichte und Gegenwart, vor dem die Ausstellung stattfindet. An dramatischen Wendepunkten schlägt die freundlich-neutrale Inszenierung in eine dunkle Farbigkeit um: Revolution, Weltkrieg, Restitution.

Jede Ausstellung beruht auf einer Interpretation der gezeigten Objekte und Geschehnisse – kuratorisch – und auch gestalterisch. Die Objekte werden ausgestellt, und immer auch ein bisschen aufgeführt. Wie bei einer Interpretation stellen sich Fragen: Welche Objekte erklären sich fast selbst und welche sind erst im Kontext interessant, z.B. als Dokument ihrer Zeit. Welche Bedeutung kommt ihnen gerade von unserem heutigen Standpunkt aus zu. Dieses „Hier und Jetzt“ ist wichtig, muss aber nicht alles überwölben.

Der „Bilderatlas“ im Eingangsraum geht einen Schritt zurück und macht damit einen Standpunkt sichtbar. Er zeigt das Material, den Stoff, aus dem die Ausstellung geschneidert ist, als einfache Kontaktabzüge, wie sie am Beginn jeder Ausstellungsarbeit stehen (ihrerseits natürlich schon eine Auswahl).

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© Christoph Panzer
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© Christoph Panzer
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© Christoph Panzer
Uns standen ausdrucksstarke Originale zur Verfügung, das ist nicht selbstverständlich bei einer kulturhistorischen Ausstellung. Immer wieder formten wir daraus kleine Szenen, in denen die Objekte mit heutigen Mitteln ergänzt sind, um einen atmosphärischen Zusammenhang anzudeuten. Es gibt eine „Gartenszene“ mit echten Orchideen (zu den ehemaligen Gewächshäusern auf der Hohen Warte in Döbling), eine „Bahnhofsszene“ mit einer Sitzbank aus der Wartehalle 1. Klasse des ehemaligen (längst abgerissenen) Nordbahnhofs, rekonstruiert nach einem unscharfen SW-Foto. In der „Stiegenszene“ fällt ein Stück der Hauptstiege aus dem Palais von Albert Rothschild sozusagen aus dem Foto direkt in die Ausstellung hinein. Von diesem Palais in der Prinz-Eugen-Straße ist nichts mehr vorhanden (heute: Arbeiterkammer Wien). 


Übrig blieben zwei liegende Sphinxen aus Sandstein, ehedem im Garten aufgestellt, eine davon hat es auf abenteuerliche Weise zu uns in die Ausstellung geschafft hat. Hier bildet sie mit einem Krokodil, der Jagdtrophäe einer Familienreise, ein seltsames und unfreiwilliges Paar. Ein bisschen rätselhaft, beide in ihrer Bedeutungsfülle in lang vorvergangene Zeiten zurückreichend und gleichzeitig Zeugen der jüngeren Gegenwart.
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© Christoph Panzer