25. August 2015
Feste Feiern

Gedanken zu Sukkot: Wie feierte wohl...

von Hannah Landsmann
© JMW

Ob Sigmund Freud in der Berggasse 19 eine Sukka (Laubhütte) hatte? Stand sie im Hof oder gab es einen Balkon? Der Balkon müsste aber im obersten Stock gewesen sein, denn durch die Sukka muss man den Himmel sehen können, sie ist nur mit Zweigen gedeckt. Ob Sigmund Freud überhaupt das Laubhüttenfest feierte? Wenn, dann hatte er in seiner Sukka vielleicht ein Sofa? Bestimmt einen Tisch für Gäste, ein Bücherregal, gemütliche Kissen und womöglich eine Stehlampe.

Ob Theodor Herzl eine private Sukka hatte? In der Praterstraße 25, einer seiner Wiener Wohnadressen, müsste sie im Innenhof gestanden haben, ob es da überhaupt einen Hof gibt? Bestimmt hat Theodor Herzl Sukkot gefeiert und er wusste auch, dass man sich dabei an die 40 jährige Wanderung durch die Wüste erinnert, die die Israeliten nach der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei vor sich hatten. Ob er zu Hause einen Lulaw und einen Etrog hatte? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Dass er am 24. Dezember 1895 einen Baum zu Hause stehen hatte, hat er sogar aufgeschrieben. Als Rabbiner Güdemann zu Besuch kam und sich einigermaßen über den (Weihnachts)Baum wunderte, meinte Herzl: „Meinetwegen soll’s der Chanukka-Baum heißen.“

Beim Rundgang durch die Dauerausstellung „Unsere Stadt! Jüdisches Wien bis heute“ trifft man im 2. Stock auch Salomon Mayer Rothschild, der 1836 die erste Eisenbahnlinie in Österreich gründete und finanzierte. Herr Rothschild kam 1821 aus Frankfurt nach Wien und wohnte zunächst im Hotel „Zum römischen Kaiser“, da er als Jude damals kein eigenes Haus erwerben durfte. Ob er im Hotel eine Sukka haben durfte? Unwahrscheinlich. Vielleicht hatte er ja gar keine Zeit zum Feiern, schließlich war er auch mit der Gründung der Witkowitzer Stahlwerke beschäftigt. Ob er Etrog-Marmelade mochte? Diese besondere Zitrusfrucht, die sehr teuer ist, wird gemeinsam mit einem Lulaw, ein Zweig aus drei Sorten Pflanzen, ebenfalls beim Sukkot-Fest verwendet, um damit Gott für die Gaben der Natur zu danken. Falls Rothschilds einen Etrog hatten, dann hatten sie auch eine Etrog-Dose, in der man die besondere Frucht eine Woche lang aufbewahren kann.

Der berühmte Wiener Kantor Salomon Sulzer feierte ganz bestimmt Sukkot! Wenn er daheim keine eigene Laubhütte errichten konnte, dann benutzte er die in der Seitenstettengasse, wo sich seit 1826 auch die Synagoge befindet. Bis heute gibt es dort eine Gemeinde-Sukka, die alle benützen können, die keine eigene bauen können oder wollen. Man trifft sich dort und kann auch Gäste einladen. Die Synagoge in der Seitenstettengasse war der Arbeitsplatz von Herrn Sulzer, er leitete hier auch einen Chor. Je nachdem, wann im Herbst das Sukkot-Fest gefeiert wird, kann es hier schon recht kühl sein. Herr Sulzer musste also aufpassen, dass er sich nicht erkältet – Halsschmerzen sind für einen Kantor nicht das Wahre!

Solche und viele andere Geschichten kann man in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums erleben!