22. Juli 2020
Wien und die Welt

„Setzen Sie ihn einfach auf“

von Danielle Spera
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...oder wie Hedy Lamarrs Trachtenhut seinen Weg ins Jüdische Museum Wien fand.
 
Im Jüdischen Museum Wien ist es uns ein Anliegen, jüdische Wiener Persönlichkeiten und Geschichten dem Vergessen zu entziehen. Wir widmen uns besonders auch der weiblichen Perspektive. Nach Ausstellungen zu jüdischen Künstlerinnen, Fotografinnen, Helena Rubinstein oder den Wiener Salonièren war Hedy Lamarr für uns eine weitere wichtige Protagonistin. Heute kann sie durchaus in vielerlei Hinsicht als Pionierin für Emanzipation und Selbstbestimmung verstanden werden. Die Vorbereitung einer Ausstellung startet mit der Idee, in diesem Fall damit, Hedy Lamarr und die vielen Rollen ihres Lebens einem breiten Publikum vorzustellen, vor allem, da die Schauspielerin, Erfinderin und Schönheits-Ikone, die aus einer Wiener jüdischen Familie stammte und in Hollywood Ende der 1930er Jahre eine spektakuläre Karriere startete, jungen Menschen kaum mehr ein Begriff ist.
 
Über einen lieben Freund, Dr. Otto Dietrich lernte ich Georg Misch und seine spannende Dokumentation “Calling Hedy Lamarr” kennen. Er brachte uns in Kontakt mit Anthony Loder, dem Sohn von Hedy Lamarr. Durch seine Vermittlung konnten wir Anthony Loder als Hauptleihgeber gewinnen. Ich reiste nach Los Angeles und fuhr von meinem Quartier bei meiner Freundin Ruth Block aus in die Charnock Road, wo sich auf einer Anhöhe das Haus von Anthony Loder befindet. Umringt von einigen kleinen Hunden führte mich Anthony zunächst in sein Arbeitszimmer und dann in die zum „Storage Room“ umgebaute Garage. In beiden Räumen türmten sich die Memorabilia, Fotos, Dokumente, Magazine und Zeitungsausschnitte, die das Leben seiner Mutter in all seinen Facetten belegen. Eine Auswahl zu treffen, war nicht einfach. Ich begann, mich durch Stöße von Zeitschriften, unzählige Mappen mit Setfotos, Briefen, Dokumenten, Presse- und vor allem Privatfotos von Hedy Lamarr, die ihr ganzes Leben umspannten, zu wühlen. Glücklicherweise bot der Esstisch im Haus Loder genug Platz, um die verschiedenen Stapel von potentiellen Leihgaben aufzutürmen. Zwischen all der „Flachware“ wie Briefe oder Dokumente im Museumsjargon genannt werden, waren in dem chaotischen Durcheinander auch einige Objekte zu finden. Ein schwarzer Plüsch-Pudel, der im Lauf der Jahrzehnte viele seiner Haare verloren hatte, entpuppte sich als einwandfrei funktionierende Spieluhr.
 
Foto (c) wulz.cc
 
Im Vordergrund stand beim Suchen nach Objekten vor allem der Blick auf Wien, auf Österreich. Und so entdeckte ich inmitten des Loder´schen Tohuwabohus einen Trachtenhut von Hedy Lamarr, ein Muss für die Ausstellung. Er passte hervorragend zu den vielen Fotos, die Hedy Lamarr im Dirndl oder Trachtenkleidung zeigten. Anthony Loder gab mir die Erlaubnis, diesen Hut nach Wien mitzunehmen. Er drückte mir für den Transport nach Wien einen alten Samsonite in die Hand: You can pack everything inside, meinte Anthony. In Kürze war der Koffer vollgepackt, doch der Hut fand beim besten Willen keinen Platz. Was also tun? Setzen Sie ihn einfach auf, meinte Anthony. Im Ernst, fragte ich. Im Ernst. Und so begab ich mich mit dem Einverständnis von Anthony Loder filmreif auf die Rückreise nach Wien. Anthony war allerdings aus einem anderen Grund nicht amused. Er dachte, ich würde mindestens eine Woche bleiben, um alle Unterlagen von Hedy Lamarr für ihn zu ordnen… Hedys Trachtenhut kam jedenfalls wohlbehalten nach Wien und ist heute ein Herzstück in der Ausstellung „Lady Bluetooth. Hedy Lamarr“.
 
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Foto (c) Danielle Spera

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Foto (c) wulz.cc