06. Januar 2017
Wien und die Welt

Ein guter Tag in Zagreb

von Ida Salamon
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A Good Day, eine Ausstellung des Jüdischen Museums Wien, zu Gast beim Festival of Tolerance/Jewish Film Festival in der kroatischen Hauptstadt.
 
Wenn Branko Lustig spricht, herrscht Stille im Publikum. Er belehrt nicht, sondern teilt seinen ZuhörerInnen seine schrecklichen Erinnerungen mit. Das hat er auch als Produzent für Schindlers Liste gemacht, einige Szenen im Film stammen aus seinem Leben.
Lustig teilt auch einige Gemeinsamkeiten mit dem italienischen Schriftsteller Primo Levi: beide haben Chemie studiert, beide haben Auschwitz-Birkenau überlebt und haben sich ein Leben lang mit den prägenden Erfahrungen im Konzentrationslager auseinandergesetzt.
Branko Lustig wird heuer 85 Jahre alt, aber er macht weiter, trifft sich mit SchülerInnen in Kroatien, nimmt am March of the Living teil und verpasst keine Gelegenheit, darum zu bitten, die Schoa nicht zu vergessen. Das hat er auch bei der Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung der Ausstellung A Good Day von Andrew Mezvinsky in Zagreb gemacht, in der sich der Künstler mit Primo Levis Betrachtungen zum Überleben in Ausschwitz befasste. Bereits wenige Stunden später waren dutzende Beiträge im Internet darüber zu lesen.
Branko Lustig signiert den von ihm verfassten Appell an die BesucherInnen, die Schoa möge sich nicht wiederholen, daneben ein Detail aus Andrew Mezvinskys Installation A Good Day; Foto: Ida Salamon/JMW.
 
Perfektes Zusammenspiel
Es begann mit einem Brief der Direktorin des Kulturforums der Österreichischen Botschaft Zagreb, Susanne Ranetzky, an das Jüdische Museum Wien. Im Rahmen des Kulturjahres in Kroatien erfolgte eine Zusammenarbeit zwischen der Botschaft und dem Festival of Tolerance. Die Direktorin Nataša Popović und der Präsident Branko Lustig zeigten Interesse an der Ausstellung A Good Day. Diese multimediale Ausstellung basiert auf einer Installation von Andrew Mezvinsky und wurde von Direktorin Danielle Spera für das Museum am Judenplatz im Jahr 2013 kuratiert. Die Eröffnung in Zagreb war für den 27. Januar, den Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts, geplant.
Vom ersten Brief bis zur beindruckenden Ausstellung im Französischen Pavillon in Zagreb hat es nicht lang gedauert, und es war ein perfektes Zusammenspiel zwischen dem Veranstalter, dem Künstler und dem Museum.
Andrew Mezvinsky führt JournalistInnen durch die Ausstellung; © Festival of Tolerance – JFF Zagreb.
 
Der Französische Pavillon und seine Vergangenheit
Wenige Meter vom Pavillon entfernt, zeugen die verbliebenen und mit Schnee bedeckten Bahnschienen von der tragischen Geschichte dieses Platzes: Dieser diente während der Schoa als Sammelstelle für Jüdinnen und Juden, von hier aus wurden sie deportiert.
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Foto: Ida Salamon/JMW
 
In Zagreb, einer Stadt des Historismus, Jugendstils und der architektonischen Moderne, war es am Nachmittag vor der Ausstellungseröffnung eiskalt; Sonnenstrahlen durchfluteten den schlichten, ovalen Ausstellungssaal des Pavillons. Für einige Minuten beleuchteten sie genau jenen Text, der der Ausstellung den Titel gab: „Jedan dobar dan“ – „Ein guter Tag“.
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Foto: Ida Salamon/JMW
 
Die Ausstellung eröffneten Branko Lustig und der Bürgermeister der Stadt Zagreb, Milan Bandić.
Eröffnung der Ausstellung, v.l.n.r.: Milan Bandić, Bürgermeister von Zagreb, Susanne Ranetzky, Direktorin des Kulturforums der Österreichischen Botschaft Zagreb, Andreas Wiedenhoff, österreichischer Botschafter in Kroatien, Branko Lustig und Andrew Mezvinsky; © Festival of Tolerance – JFF Zagreb.
 
In ihrer Rede wies Nataša Popović auf die Wichtigkeit des Dialogs und die Bekämpfung der Diskriminierung hin. Der österreichische Botschafter in Kroatien, Andreas Wiedenhoff, betonte, dass Europa ohne Erinnerung an die Schoa und deren Schrecken nicht existieren könne.
Eine Besucherin bei der Ausstellungseröffnung; © Festival of Tolerance – JFF Zagreb.
 
Etwa 15 Botschaften waren an der Ausstellungseröffnung vertreten wie auch viele Prominente aus der politischen Szene, etwa die Kulturministerin Nina Obuljen Koržinek. Besonders erfreulich ist jedoch, dass rund 1000 SchülerInnen in der Ausstellung erwartet wurden.
 
Es war ein guter Tag in Zagreb, zu Ehren von über sechs Millionen Opfern der Schoa und als Zeichen für Toleranz und Offenheit.
 
 
 
www.kulturforum-zagreb.org
www.festivaloftolerance.com
 
Titelbild: © Festival of Tolerance – JFF Zagreb